Die folgenden Ausführungen sind nur ein grober Überblick. Sie ersetzen keine Rechtsberatung im konkreten Fall. Wir haften nicht für Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität.

BGH: Anwalts-Hotline ist zulässig
(Urteile vom 26.09.2002 –I ZR 44/00 und I ZR 102/00-)

In zwei Verfahren hatte der BGH darüber zu entscheiden, ob das Betreiben einer Anwalts-Hotline über gebührenpflichtige 0190-Nummern durch eine GmbH zulässig ist. 

Wer eine dieser Nummern wählt, wird direkt mit einem Rechtsanwalt verbunden. In der Werbung war darauf hingewiesen worden, dass der Anruf 3,60 DM pro Minute koste. Diese Gebühren werden über die Deutsche Telekom eingezogen, die einen Anteil von 2,48 DM (zzgl. MwSt.) an die Betreiberin der Anwalts-Hotline ausbezahlt. Diese leitet die Beträge an den jeweiligen Rechtsanwalt als Vergütung für seine anwaltliche Leistung weiter. Die Betreiberin erhält von den beteiligten Rechtsanwälten eine monatliche Pauschale sowie einen bestimmten Betrag für jede Zeiteinheit von dreieinhalb oder vier Stunden. Hat ein Anwalt einen solchen Zeitblock bei der Beklagten gebucht, werden alle in dieser Zeit über die fragliche 0190er-Nummer eingehenden Gespräche unmittelbar an ihn weitergeleitet.

In beiden Fällen hatten die jeweiligen Oberlandesgerichte in der Berufungsinstanz die Anwalts-Hotline verboten, jedoch mit unterschiedlichen Begründungen: In dem einen Fall sah das Kammergericht in dem Angebot der Beklagten einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz. Durch den Anruf komme ein Rechtsberatungsvertrag zwischen dem Anrufer und der Beklagten zustande. Die Beklagte verspreche damit eine Rechtsberatung, die nur Rechtsanwälte erbringen dürften. In dem anderen Fall meinte das OLG München, die Vereinbarung der Zeitvergütung verstoße gegen geltendes Gebührenrecht verstoße. 

Der BGH wies die Klagen allerdings in beiden Fällen ab. Richtig sei, dass eine Beratung durch die beklagte GmbH gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßen würde. Mit dieser komme aber gar kein Beratungsvertrag zustande. Der Anrufer schließe mit dem Rechtsanwalt als seinem Gesprächspartner und Ratgeber den Vertrag. Die Anrufer seien an einem Kontakt zu einem Rechtsanwalt interessiert. Daher spreche alles dafür, dass das in der Herstellung der Gesprächsverbindung liegende Angebot zum Abschluss eines Vertrages an den Rechtsanwalt gerichtet sei, der das Gespräch entgegennehme. Auch die gebührenrechtlichen Bedenken des OLG München hat der Bundesgerichtshof nicht geteilt. Zwar sehe die Gebührenordnung für den Regelfall eine streitwertabhängige Vergütung vor. In außergerichtlichen Angelegenheiten sei aber auch die Vereinbarung von Zeitvergütungen zulässig. In den meisten Fällen liege eine Gebührenunterschreitung vor, die berufsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Die Gebührenüberschreitung, zu der es bei niedrigen Gegenstandswerten ab einer Gesprächsdauer von zehn Minuten kommen könne, sei berufsrechtlich unbedenklich, wenn der Mandant darüber informiert sei, dass die vereinbarte Zeitvergütung zu einer höheren als der gesetzlich vorgesehenen Vergütung führe. Es könne nicht angenommen werden, dass die Rechtsberatung über die 0190er-Nummern zu einer systematischen Missachtung der Gebührenordnung führe oder darauf angelegt sei, dass der beratende Rechtsanwalt seine beruflichen Pflichten verletze.

Das in Rede stehende System berge Risiken hinsichtlich der Qualität der anwaltlichen Beratungsleistung. Es bestehe die Gefahr, daß dem Anwalt bei der gebührenpflichtigen telefonischen Beratung nicht immer alle Umstände des Sachverhalts mitgeteilt werden und ohne das häufig notwendige gründliche Studium des Gesetzestexts oder eines Kommentars zu kurz kommen. Diese Gefahr könne jedoch ein generelles Verbot nicht rechtfertigen.