Die folgenden Ausführungen sind nur ein grober Überblick. Sie ersetzen keine Rechtsberatung im konkreten Fall. Wir haften nicht für Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität.

BGH: Pfändung in den Dispokredit ist zulässig
(Urteil vom 29. März 2001 – IX ZR 34/00 -)


Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat entschieden, dass die Pfändung von Ansprüchen eines Bankkunden aus einem vertraglich vereinbarten Dispositionskredit zulässig ist. Dabei ging es um folgenden Fall.

Ein Finanzamt hatte sämtliche Ansprüche eines Steuerschuldners gegen dessen Bank gepfändet. Die verklagte Bank hatte auch nach der Pfändung, obwohl das Girokonto ihres Kunden kein Guthaben auswies, auf Grund eines nach der Behauptung des Finanzamts vertraglich vereinbarten Dispositionskredits Barauszahlungen an den Vollstreckungsschuldner vorgenommen und Überweisungen für ihn ausgeführt. Das klagende Land verlangte diese Geldbeträge in Höhe der noch offenen Steuerforderungen von der Bank heraus.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Das Oberlandesgericht begründete das insbesondere damit, dass die Pfändung eine Blockade des Kontos zur Folge habe, die mit Sinn und Zweck der Zwangsvollstreckung nicht vereinbar sei.

Der Bundesgerichtshof ist dem nicht gefolgt.

Er hat zur Zulässigkeit einer solchen Pfändung u.a. ausgeführt: Mit dem Abruf des vereinbarten Kredits in Form des Überweisungsauftrags oder des Barauszahlungsverlangens entstehe ein Rechtsanspruch auf Auszahlung des Darlehens, der wie jede andere Forderung – auch im voraus – pfändbar sei.

Dass der Bankkunde aus seiner Sicht die ihm von der Bank zur Verfügung gestellten Geldmittel nicht zugunsten des Vollstreckungsgläubigers abgerufen habe, sondern um es für andere Zwecke zu verwenden, stelle die Beschlagnahmewirkung der zuvor erlassenen Pfändungsmaßnahme nicht in Frage.

Es sei dem Schuldner nicht gestattet, einen Teil seines Vermögens der Zwangsvollstreckung zu entziehen. Eine Blockade des Kontos und eine dadurch bewirkte Insolvenz seien nicht die zwangsläufige Folge einer Pfändung "in die offene Kreditlinie". Die Bank werde das Konto nur dann sperren, wenn der Kunde für sie nicht mehr kreditwürdig sei.

Wenn dieser Fall tatsächlich eingetreten sei und der Schuldner über keine sonstige Liquidität mehr verfüge, sei er zwar insolvenzreif. Es erscheine jedoch nicht unter allen Umständen wünschenswert, ein sich am Rande der Insolvenz bewegendes Unternehmen allein mit Hilfe eines ständig debitorisch geführten Bankkontos am Leben zu erhalten und auf diese Weise die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu verzögern.